Der größere Bruder des Fiat 600
Der 1964 am Genfer Salon vorgestellte Fiat 850 war für viele eine angenehme Überraschung, da der Fiat 600 doch schon in die Jahre gekommen schien. Der 850er war spürbar größer als der Fiat 600, kräftiger und formschön.
- Aber der Fiat 850 wurde keine Ablösung des 600er, sondern ein Ergänzung. Kaufpreis und Unterhaltskosten waren doch höher und der 600 hatte in vielen Ländern treue Kundschaft. Außerdem wollten die Lizenznehmer (Seat, Zastava, Fiat Concord) die teuren Werkzeuge f¨er die Herstellung des 600er weiter nutzen. - Fiat in Italien baute den 600er bis 1969 weiter, Seat bis 1973, Concord und Zastava sogar bis 1983, bzw. 1985. - Also noch viele Jahre länger, als der 1964 frischgebackene 'Nachfolger' (der bis 1971, bzw. bei Seat bis Ende 1973, gebaut wurde)
Fiat 850 - 1964-71
Fiat 850 - 1964-71
Die Geschichte um die Fahrzeuge zwischen dem 600 und dem 1100 ist abwechslungsreich und der letztlich entstandene Fiat 850 erscheint
dann wie eine betriebswirtschaftliche Notlösung, weil Besseres entwickelt und erprobt worden war ..
Ausgehend von den Planungen, ein Fahrzeug zwischen Proj. 100 (Fiat 600) und Projekt 103 (Fiat 1100) zu bauen, kam nach Festelegung des
Projekt 116 (Fiat 1300) die Idee, den Fiat 1100 durch ein moderneres und billiger herzustellendes Fahrzeug der 0,9 - 1 ltr Klasse zu ersetzen.
Also ein Programm 600 - 900/1000 - 1300 - 1500 - 1800 - 2100 zu erstellen.
Als Projekt 122 wurde ein viertüriges Heckmotorfahrzeug mit 0,9 bis 1,0 ltr Hubraum konzipiert - und bis 1960 zur Serienreife entwickelt.
Dieses Fahrzeug kam auch auf den Markt, - aber nicht als Fiat, sondern - als SIMCA (Simca 900/1000).
- Warum ? - Einerseits stand die Geschäftsleitung dem Projekt ohnehin hinsichtlich der Kosten für neue
Fertigungseinrichtungen bei den guten Verkaufszahlen des Fiat 1100 skeptisch gegenüber, und andererseits brauchte die französiche Beteiligungs-Tochter
Simca dringend ein Auto unterhalb ihrer 'Aronde'.
Der 122 war also weg. - Dennoch entwickelte man bei Fiat die Idee des geräumigen Heckmotor-Wagens
oberhalb des Fiat 600 weiter und einige Prototypen eines neuen Fiat liefen ab ca. 1962 auf den Strassen. (siehe Bild unten).
Bericht über Fiat 950 Prototyp - in Oggi Illustrato 1962
Der für dieses Fahrzeug projektierte Simca Motor und ein anderes Fahrwerk hätte aber mehr gekostet als eine einfache Vergrößerung des Fiat 600. Mehr Hubraum konnte aus dem Motor herausgeholt werden, das hatte man selbst mit dem 770 und Abarth mit dem 850er schon bewiesen. Eine weitere Vergrößerung des Hubraums des vorhandenen Fiat 600 D Motors war die billigste Lösung. Die nötigen Anpassungen am, ebenfalls vorhandenen, Fahrgestell des 600D hielten die Herstellungskosten niedrig. Also wurde der neue Fiat zwischen 600 und 1100 zwar beschlossen, aber eben kleiner, näher am 600 und technisch einfacher, auf Basis des Fiat 600. Die Fertigentwicklung des Fiat 850 lief daher auch unter dem selben Projektcode (100. ) wie der Fiat 600.
Fiat 850 N - 1969
Fiat 850 (S) - 1967
Die für den Fiat 850 geänderten Teile wurden im Fiat 600 D der Version '65, soweit möglich, übernommen, auch z.B. der Tank, der beim 600 zwar vorne einbaut ist, aber nun für besser nutzbaren Kofferraum sorgte (s. Prospkte).
Als Motorleistung gab es zwei Optionen - 34 PS für Betrieb mit Normalbenzin und 37 PS mit Superbenzin. Die beiden Varianten wurden später 850 N und 850 S genannt. Der 850 N wurde 1969 beendet, der 850 S bis 1971 in Italien gebaut. Alle danach als Fiat 850 verkauften Fahrzeuge waren Seat (s.u.), die ab 1969 schon in einigen Ländern über Fiat-Händler als Fiat verkauft wurden (s.u).
Nachdem eine Vergrößerung der Bohrung beim 600er Motor von 60 auf 62 mm problemlos funktioniert hatte (600-770), schien es kein zu großes Risko, die Bohrung auf 65 mm zu erweitern. Der bereits 1961 beim 600 D/770 von 56 auf 63,5 mm verlängerte Hub blieb gleich. (Später, s.u., 68 mm Hub = 903 ccm) - Abarth verwendete für seine 850er übrigens einen noch längeren Hub: B/H 62,5/69. Dass der Motor noch mehr vertragen konnte, bewieß er nicht nur beim Abarth 1000 (B 65 mm H 74 mm) sondern auch 1974 bis 1985 im Autobianchi A 112 Abarth 70hp (B 67,2 mm H 74 mm = 1049 ccm)
siehe auch
Die deutsche Fiat-Tochter NSU/Fiat ( im Export und ab Ende 1965 'Neckar Automobilwerke' ) fertigte Fiat 850 von 1965 bis 1967 als 'Neckar Adria'. Eine Besonderheit war die Version mit Stahl-Schiebedach, die es bei Fiat nicht gab.
NSU/Fiat - Neckar - 850 Adria mit Schiebedach - 1965-67
siehe auch
Da bereits 1962 bei OM die Produktion eines neuen Fiat-Transporters auf Basis des Fiat 600 D Multipla (der Fiat 600 T, 1. Version) aufgenommen worden war, der Fiat 1300 Taxi eine geräumige Alternative zum Fiat 600 D Taxi war, fehlte nur noch ein Familien-Transporter um den Fiat 600 Multipla abzulösen. - Auf Basis des geräumigeren Fiat 600 T wurde daher der Fiat 600 Familiare entworfen, als 7-Sitzer, statt bisher mit max. 6 Sitzen.
Fiat 600 Familiare 1965 (nie in Serie)
Noch vor Serienbeginn wurde der neue Familiare mit dem leistungsfähigeren Triebwerk des Fiat 850 samt dessen geänderten Achs- und Antriebsteilen modifiziert und als Fiat 850 Familiare vorgestellt. Die Fertigung des Fiat 600 D Multipla und 600 D Taxi wurden 1966 eingestellt.
Der Motor des 850 Familiare (100. G wie 850 Limousine) wurde 1970, durch den Antrieb des neuen Transporters 850 T ersetzt, einen auf 33 PS gedrosselten 903 ccm Motor, der zwar nominal 1 PS weniger Leistung, aber mehr Drehmoment hatte.
Mit Einführung des 903 ccm 52 PS-Coupe und Spider bekamen Motor und Fahrwerk des ersten Fiat 850 Coupe eine neue Rolle: mit der Karosserie der 850er Limousine und sportlich aufgepptem Innenraum entstand der Fiat 850 Special, die sportliche Variante des 850ers mit 47 PS und Scheibenremsen für Spaß mit guten Fahrleistungen.
Fiat 850 Special 1968 - 71
47 PS
Scheibenbremsen
13" Räder
siehe auch
Alle ab 1972 als Fiat verkauften 850er (Fiat 850 D, 850 Luxus, Fiat 850 Spezial, Spezial Luxus) waren aus Spanien importierte SEAT.
weiter zu den SEAT :
Der Fiat 850 war, wie alle anderen Fiat, beliebte Basis für Kreationen und Veredelungen italienischer Karosserieschneider. Francis Lombardi baute z.B. auch wieder einen 4-Türer, der in Spanien bei Seat als '850 4 puertas' in Serie produziert wurde . Auch die Vignale Coupe und Spider wurden in Argentinen als Fiat 770 Coupe und 770 Spider serienmäßig von Fiat gebaut. - Einige Beispiele, Zeitungsausschnitte, Fotos, Prospekte aus meiner Sammlung hier, eine vollständige Übersicht bieten die Bücher von Alessandro Sannia 'Fiat 850 fuoriserie' (incl. Coupe und Spider) und 'Fiat 850 T fuoriserie', welches auch Sonderaufbauten auf Fiat 850 Familiare enthält.
Francis Lombardi 'Smart'
Moretti 850 Lusso
Francis Lombardi Lucciola
Francis Lombardi Lucciola Special
Francis Lombardi Lucciola
Vignale 850
Vignale 850 Coupe
Vignale 850 Spider
Moretti 850 Coupe
Moretti 850 Special Coupe
Siata Spring 850 1967-68 *1)
Siata Spring 850 - 1969-70 *1)
Francis Lombardi Grand Prix *2)
Francis Lombardi Monza 1969 *3)
*1) - von vielen Fiat-Händlern (zumindest in I, D, CH, A und F) angeboten. - ab 1969 mit fester Frontscheibe
*2) - auch als Abarth 'Scorpione' und Giannini
*3) - auch von Giannini angeboten
siehe auch
Die technisch veränderten Modelle mit Karosserien vom Fiat 600, 850, Coupe und Spider von Abarth und die 600 und 850 von Giannini beschreibe ich hier nicht, es würde den Rahmen dieser Seite sprengen. - Einige Bilder und technische Daten finden Sie auf den Prospekt-Seiten :
Abarth - Abarth Bilder + Pospekte
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